Während das restliche Dorf heute Abend vor den Fernsehern saß, genossen wir die Stille draußen und den schönen Sonnenuntergang. |
"Ach, ist das jetzt schön!" seufzte Marion.
"Ja, und so friedlich", sagte ich. "Warum eigentlich?"
Ich überlegte. Irgendetwas war anders heute Abend. Normalerweise ist doch um diese Zeit – es war gegen 22 Uhr – noch viel mehr los draußen, zumindest jetzt im Sommer. Unser Dorf wirkte wie ausgestorben. Kein Mensch draußen, kein Auto unterwegs und auch kein Traktor (die donnern sonst noch nach Mitternacht über die Dorfstraße) – alles sehr seltsam.
"Ich komme mir vor wie in Marlen Haushofers Die Wand", sagte Marion. "Hmm, vielleicht ist das Dorf auch evakuiert worden, nur uns hat man vergessen", mutmaßte ich.
Wir gingen schweigend weiter und ließen die fast meditative Stille, die über dem Dorf lag, auf uns wirken. Und dann bogen wir um eine Straßenecke und sahen ein fahles, flackerndes grünes Licht, das aus einem der Häuser kam, und dann wusste Marion plötzlich, warum es so ruhig und so friedlich war. "Na klar", rief sie, "das grüne Licht, das kommt vom Rasen?"
"Ich verstehe nur Ampel!"
"Wie kommst Du denn da jetzt drauf?"
"Naja, du hast doch gesagt, das grüne Licht käme vom Rasen. Und da dachte ich an eine Ampel. Wenn man eine grüne Wellehat, verführt das ja vielleicht zum Rasen ..."
"Nein, ich meine doch nicht das Rasen, sondern den Rasen. Fußball ist das Stichwort."
"Achso, jetzt fällt der Groschen! Spielen die Deutschen heute Abend wieder?" fragte ich.
"Ja, im Achtelfinale, aber frag' mich nicht, gegen wen!"
"Nö, interessiert mich auch nicht."
Als wir am fünften Haus vorbeikamen, aus dem grünes Licht auf die Straße flackerte, stand zweifelsfrei fest: Das ganze Dorf sitzt vorm Fernseher und guckt Fußball.
"Na, dann hoffen wir mal, dass die Deutschen nicht so bald ausscheiden und bis ins Finale kommen, damit wir in nächster Zeit noch einige so schöne, friedliche Hundespaziergänge machen können. Am besten, wir besorgen uns einen Spielplan und stimmen die Spaziergänge darauf ab.