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Heute bekam ich Post von den beiden Firmen, die für Aldi das GutBio-Knusper-Müsli herstellen. |
Lässt sich durch ethisch verantwortungsvolles Einkaufen die Welt verbessern? Ja, davon bin ich fest überzeugt. Ich glaube sogar, dass die globale Konsumentenmacht mehr bewirken kann als die Politik. Der Münchner Soziologiepropfessor
Ulrich Beck hat es schon vor Jahren in seiner Skizze einer
"ökonomischen Demokratie" so beschrieben:
Wenn Regierungen in der globalen Wirtschaft Konzerne nicht effektiv
kontrollieren können, sei eine Alternative die
"Abstimmung an der
Supermarktkasse". Unverantwortliche Konzerne werden gewissermaßen durch Nichtkauf
ihrer Produkte
"abgewählt".
Marion und ich haben mittlerweile, nach diesem Prinzip handelnd, schon die meisten Supermarktprodukte
"abgewählt". Wenn wir Lebensmittel kaufen, geschieht das nicht, ohne dass wir uns, bevor wir ein Produkt in den Einkaufswagen legen, fragen, ob wir das Produkt wirklich brauchen und ob wir es mit halbwegs gutem Gewissen kaufen können. Alle Produkte, die Bestandteile tierischer Herkunft enthalten, scheiden deshalb schon einmal grundsätzlich aus. Bei anderen Produkten lesen wir zuerst die Inhaltsdeklaration und entscheiden danach, ob wir uns dieses Produkt antun wollen oder nicht.
Einer des wenigen Discounter-Produkte, das war vorbehaltlos gut fanden, war das GutBio Knusper-Müsli von Aldi – bis wir Anfang dieses Monats eine böse Überraschung erlebten (nachzulesen in dem Blog-Beitrag mit der Überschrift
"Preis minimal, Qualität maximal gesenkt").
Weil ich total enttäuscht war und mich als Verbraucherin getäuscht fühlte, weil man mir in derselben Verpackung ein minderwertigeres Produkt untergejubelt hatte, schrieb ich sofort eine freundliche, aber bestimmte E-Mail an Aldi.
Nach knapp einer Woche bekam ich die erste Antwort: Eine freundliche Mitarbeiterin des
DE-VAU-GE Gesundheitswerks in Lüneburg, rief mich an und erkundigte sich ein wenig bestürzt nach dem Grund meiner Reklamation. Aldi hatte offensichtlich nur meine Kontaktdaten an sie weitergegeben, aber nicht meine komplette E-Mail an sie weitergeleitet. Sie war ganz erleichtert, als ich ihr versicherte, dass "ihr" Müsli superlecker ist und das sich meine Reklamation auf das Müsli des anderen Herstellers bezieht. Und ich war überglücklich, zu erfahren, dass die Lüneburger mitnichten, wie vermutet, aus dem Rennen sind, sondern dass Aldi viele seiner Produkte parallel von verschiedenen Herstellern bezieht. Das GutBio Knusper-Müsli wird sowohl von DE-VAU-GE als auch von
CERALIA in Mühldorf (Bayern) produziert. So kann es passieren, dass man, wie in unserem Fall, in zwei Aldi-Märkten das gleiche Müsli kauft, zuhause dann aber feststellt, dass das eine ganz anders schmeckt als das andere.
Gleich nach unserem Telefongespräch schickte ich der DE-VAU-GE-Mitarbeiterin die Vergleichsfotos von beiden Müslis, damit sie bei Aldi darau hinwirken kann, dass kein anderer Hersteller eine schlechtere Qualität anbietet und so auch dem Ruf der Lüneburger schadet, wenn ein Kunde das Müsli kauft und sich dann über die Qualitätsschwankungen wundert.
Zwei Tage nach dem Telefonat mit DE-VAU-GE bekam ich einen Anruf von Aldi, und zwar von ziemlich unfreundlichen, hörbar genervten Mitarbeiterin aus der für unseren Bereich zuständigen Regionalzentrale. Ich wurde belehrt, dass in "ihren" Märkten weiterhin das Lüneburger Müsli angeboten werde und sie nichts mit dem Aldi-Markt in Braunschweig, wo Marion das miese Müsli aus Bayern gekauft hatte, zu tun hätte. Bevor ich eine "böse E-Mail" schreibe, solle ich mich doch bitte vorher mal informieren, zu welcher Regionalzentrale der jeweilige Aldi-Markt gehört. Ich entgegnete, dass ich bisher davon ausgegangen sei, dass es Aldi Nord und Aldi Süd gibt und nicht gewusst habe, dass Aldi-Nord aus viele kleinen Ketten besteht. Die unfreundliche Mitarbeiterin gab mir die Nummer von der zuständigen Regionalzentrale, und dann war das Gespräch beendet – und mein Entschluss gefasst: Außer dem Lüneburger Müsli und zwei anderen Bio-Produkten, die es so anderswo nicht zu kaufen gibt, werden ich bei Aldi vorerst nichts mehr kaufen. Ich hatte nach diesem unerfreulichen Telefonat auch keine Lust mehr, in der anderen Regionalzentrale anzurufen und mich auch dort auf blöde Art abwimmeln zu lassen.
Heute klingelte der Postbote und brachte mir einen zweiseitigen Brief von CERALIA und ein Paket von DE-VAU-GE mit zwei Tüten Müsli, zwei Packungen Müsliriegeln und einem kurzen Dankesschreiben.
"Vielen Dank bei der Aufklärung der o. g. Reklamation", las ich. Und weiter:
"Für Ihre Unterstützung in dem Fall senden wir Ihnen mit gleicher Post eine kleine Auswahl aus unserem Sortiment." Eine nette Geste, über die ich mich sehr gefreut habe.
Gefreut habe ich mich aber auch über den ausführlichen Brief aus Bayern, der erfreulicherweise kein vorgefertigtes Standard-Antwortschreiben, sondern individuell formuliert war:
"Wir bedauern es sehr, dass Sie mit der Qualität des GutBio Knsupermüslis unzufrieden sind. Ihren Hinweis als Verbraucher nehmen wir selbstverständlich sehr ernst, da wir als Hersteller gewillt sind, stets den Anforderungen gerecht zu werden." Dann folgt eine ausführliche Erklärung der Produktionsprozesses und eine Aufzählung möglicher Probleme, die bei der Herstellung auftreten und die Qualität beeinträchtigen können.
Selbstverständlich werde mich sowohl für das Geschenk aus Lüneburg als auch für den Brief aus Mühldorf freundlich bedanken. Ich hatte, ehrlich gesagt, nicht erwartet, dass die beiden Firmen so viel Zeit und Mühe in die Beantwortung einer Kundenanfrage investieren. Aber dass sie es tun, bestätigt, dass wir Verbraucher zumindest von den Produzenten ernst genommen werden. Für Aldi und wahrscheinlich auch andere Handelsketten sind wir hingegen offenbar lästige, nervige Kunden. Naja, zum Glück gibt es ja die Möglichkeit zur Abstimmung an der Supermarktkasse (siehe oben).